Nicht auf der grünen Wiese, sondern in einem städtebaulichen Ensemble
beeindruckender Industriearchitektur, das einst das größte Lokomotivwerk
Europas war (Schwartzkopffs Lokomotivfabrik der Berliner Maschinenbau
AG, BMAG), entstand ein neuer Campus der TH Wildau.
Grundlage für das
derzeit größte Hochschulbauprojekt im Lande Brandenburg ist der 1.
Preis des 2006 durchgeführten Realisierungswettbewerbes.Während die zwei
Lehr- und Forschungsgebäude, das Haus 16 (Verfügungsgebäude für die
Studiengänge Luftfahrttechnik, Wirtschaftsingenieurwesen, Bioinformatik,
Logistik und Telematik) und die denkmalgeschützte Halle 17 (Werkshalle
für Verwaltung und zentrale Hörsäle) in den letzten Zügen der
Fertigstellung sind, wurde das Studentische Wohnen Ende September
bereits an den Bauherrn, das Studentenwerk Potsdam übergeben. Es wurde
pünktlich zum Semesterstart von den Studenten bezogen.Der Entwurf für
das Ensemble verfolgt ein starkes städtebauliches Konzept, das die
Formen der Gebäude bestimmt. Die Architektur bricht mit der
historisch-orthogonalen städtebaulichen Anordnung und ermöglicht neue
Sicht- und Wegebeziehungen zwischen den Gebäuden. Sie schafft so
lebendige Außenräume mit hoher Aufenthaltsqualität. Diese Idee wird auch
in den Innenräumen weitergeführt: auch hier weiten und verengen sich
Achsen, so entstehen Straßen und Plätze, die als Treffpunkte dienen.
Die
Gebäudekanten des Studentenwohnheims nehmen die Sichtachsen auf, von
denen eine das Verfügungsgebäude durchbricht, sich an der Halle 17
fortsetzt und schließlich den Blick auf den historischen Schornstein des
Industrieareals freigibt. Die zwischen Studentenwohnheim und
Verfügungsgebäude diagonal verlaufende Durchwegung trennt den Arbeits-
vom Wohnbereich. Sie schafft Abkürzungen und Blickbezüge und bildet
einen Übergang vom urbanen Charakter des Campus zum eher intimeren
Bereich des Studentischen Wohnens.Dieser Schwerpunkt der Kommunikations-
und Erschließungsflächen zeigt sich auch in der Gestaltung des
Studentenwohnheims. Entgegen üblicher Typologien wurde hier die
Erschließung als helle und freundliche Laubengänge nach außen gelegt und
so dunkle, innen liegende Erschließungsbereiche vermieden.
Das
Gebäude ist konzeptuell und konstruktiv in Schichten gedacht:
Stahlbetonkerne und Versorgungsschächte bilden die innerste Schicht. Die
nächste Schicht bildet die private Zone der Zimmer mit Bad und
Schlafbereich. Daraufhin öffnet sich das Zimmer, Arbeitsbereich und
Küche orientieren sich zur Umgebung. Die Erschließungsfläche wird zur
Kommunikationszone und bietet eine balkonähnliche Erweiterung der Zimmer
der Studierenden.Der auskragende Laubengang wurde mit einem leichten
Kleid aus bedruckten Glasplatten umgeben, die teilweise geschoss-
teilweise brüstungshoch ausgebildet werden und bricht so mit der
negativen Konnotation des Typus Laubenganghaus. Der Motivdruck zeigt
riesige Grasshalme und lässt die Erschließungsflächen, ohne von der
Umgebung abzugrenzen und zu verdunkeln, als semiprivate Räume gefasster
erscheinen.Im Erdgeschoss wird durch das Weiten des Flures und das
Abwinkeln eines Wohnungsflügels ein einladender Empfangsbereich und ein
Gemeinschaftsraum geschaffen. Über dem Eingangsbereich lädt eine
Terrasse als Erweiterung des Laubengangs zu gemeinschaftlichem Leben
ein. Die Außenanlagen ergänzen diese kommunikativen Orte durch einen
Grillplatz und eine Wiese.Die Fassade strahlt durch ihre Grünen Akzente
Frische und Freundlichkeit aus. Auch in den Wohnungen setzen Farben
kräftige Akzente. Das Materialkonzept kombiniert durch ein Zusammenspiel
aus Glas, Putz und Sichtbeton glatte und raue Oberflächen, die durch
ihre Gegensätzlichkeit ein abwechslungsreiches haptisches Erlebnis
bieten.Während sich Stundenten sonst aus rein finanziellen und
praktischen Gründen für ein Studentenwohnheim entscheiden, kommt in
Wildau nun der ästhetische Aspekt dazu. Hier wohnt man nicht, hier lebt
man. Gemeinsam. Auf dem Campus. Im Grünen!